Exzellenz mit Ablaufdatum
Die neue Förderung für Kompetenzzentren stellt ehrgeizige Möglichkeiten in Aussicht – aber auch die Trennung der Spreu vom Weizen: Warum Forschung ohne Beweglichkeit nicht funktioniert.
„Etwas ganz Großes“ plant das Industrielle Kompetenzzentrum für Mechatronik und Automation (IKMA). Gemeinsam mit der Uni Linz und dem Linz Center of Mechatronics (LCM) soll ein Exzellenzzentrum zur Entwicklung mechanisch-elekronischer Systeme entstehen, das „nicht nur strategische Forschung, sondern auch die vollständige industrielle Umsetzung vereint“, erklärt IKMA-Geschäftsführer Wilhelm Hofmann. Zeit will man dabei keine verlieren, ein detailliertes Dokument sei bereits am Weg in Richtung Bund und Land und das, obwohl das Konzept der neuen Zentren beim Fördergeber noch seiner Endfassung harrt.
Eine Exzellenzstrategie
Das österreichische Kompetenzzentrenprogramm K-Plus mit der industrienahen Version Kind und den virtuellen K-NetZentren hat sich zur internationalen Best Practice gemausert. K-Plus sollte zeitlich begrenzt eine Brücke zwischen universitärer Forschung und Wirtschaft bauen und so die Innovationskraft in den heimischen Märkten vorantreiben. 1998 startete die Carinthian Tech Research (CTR) als erstes K-Plus-Unternehmen mit Forschung im Bereich Sensorik. 39 weitere Zentren mit 450 Wirtschaftspartnern folgten. Inzwischen arbeiten 1.500 Wissenschaftler in den Forschungseinrichtungen. Doch der Erfolg der Zentren verlangte nach einer Nachfolgeregelung, nicht zuletzt, weil sich der Plan, die Zentren am Ende ihrer Förderlaufzeit in die wirtschaftliche Eigenständigkeit zu entlassen, als unrealistisch erwies. Vor knapp zwei Monaten veröffentlichte die Forschungsförderungsgesellschaft FFG den mit Spannung erwarteten ersten Programmentwurf für K-Neu. Konkrete Zeitpläne für das weitere Vorgehen stehen zwar noch aus, der Start der zweiphasigen Ausschreibungen ist aber noch für das Jahr 2006 geplant. K-Neu sieht drei Varianten vor: K-Projekte, mit einer Laufzeit von drei bis fünf Jahren und einem maximalen jährlichen Fördervolumen von einer Million Euro und K1-Zentren, die den aktuellen K-Plus- und KindKonzepten ähneln. Kräftigster Beitrag zur Exzellenzstrategie sind schließlich die K2-Zentren: internationale Sichtbarkeit mit dem Anspruch die Weltspitze der Forschung zu erreichen. Vier bis sechs solcher Zentren mit 200 Mitarbeitern und einem Förderwert von bis zu zehn Mio. Euro sind geplant. Eines der K2-Vorhaben soll rund um das Forschungszentrum Telekommunikation Wien (FTW) entstehen. Neben Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) will man auch verstärkt Multimedia und Content abdecken. Denkbar ist etwa eine Kooperation mit dem Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung (VRVIS). Dies sei „thematisch und auch von der Unternehmensstruktur her relativ einfach vorstellbar“, verrät FTW-Geschäfsführer Markus Kommenda. Aufgenommen wird der KNeu-Entwurf von den mit der Sicherung ihrer Zwischenfi nanzierungen beschäftigen Zentren durchwegs positiv. Die verbesserte Planbarkeit gefällt, auch im unerfreulichsten der Fälle: „K-Neu definiert nicht nur Geburt, sondern auch Tod eines Zentrums“, spricht VRVIS-Geschäftsführer Georg Stonawski die Regelung des Phasing Out nach einer negativen Evaluierung an. „Beschränkte Mittel bedingen, dass auf Qualität geachtet wird.“
Bund finanziert K-Neu
Deutlichere Positionen erwarten sich manche Zentren noch zur Klärung der Bundesund Landesinteressen, auch würde aus den Entwürfen nicht eindeutig hervorgehen, woher das Geld für den Ausbau der Infrastruktur kommen oder ob es weiterhin virtuelle Kompetenzzentren geben soll. Bedient wird K-Neu nach aktuellem Stand nur aus Töpfen des Bundes. Anders als bei KPlus verzichtete man auf eine Zwangsverpflichtung der Länder. Vielmehr gilt es, einen Rahmen zu schaffen, in dem die Länder Akzente setzen können. Wien etwa plant Schwerpunkte auf internationaler Ebene, andere Länder fassen die Forschungsförderung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ins Auge. Auf der Hand liegt überdies, dass Emanzipation in der Forschungspolitik auf der einen und endliche finanzielle Mittel auf der anderen Seite verstärkte Selektion mit sich bringen.
„40 Zentren sind zu viel, nur die Besten werden weiterhin K-geförderte Zentren sein“, verweist Dorothea Sturn, FFGBereichsleiterin für Strukturprogramme, auf die anstehende Konsolidierung.
Keine Türschilder
Dass K-Förderungen bei Nicht-Erfüllen der Auflagen auch ein Ende haben können, stellte zuletzt die Biomolecular Research (BTM) fest. Laut Bernd Binder, Wissenschaftlicher Direktor von BMT, wurde bei der Zwischenevaluierung vor fünf Jahren die fehlende Identität des Unternehmens bemängelt. „Es gab bloß kein eigenes Gebäude mit einem Türschild, auf dem BMT stand“, kritisiert er die Prüfer. Immerhin sei dies bei einer Translational Research Platform zwischen Universität und Industrie nun einmal nicht anders. Naturgemäß anders sieht der Fall für die FFG aus: Die inhaltliche Integration der Projekte fehlte. „Es war eine Geldverteilungsmaschine für darunter liegende Projekte“, sagt Sturn. „Wofür ein Kompetenzzentrum finanzieren, das mit teurem Overhead Geld auf Einzelprojekte verteilt? Was fehlte, war nicht das physische Türschild, sondern das inhaltliche.“ Einwände, dass mit der Nähe zur Industrie die Integration und auch Qualität der Projekte sinkt, lässt die FFG nicht gelten. Forschungszentren, die eine attraktive Palette anbieten, schaffen es, die Wirtschaft auch für strategische Projekte zu gewinnen. Gegen „kurzfristige Goodies“, die die Partner „befrieden“, spreche dabei nichts, ebenso wenig wie gegen Einzelinteressen in Form von reiner Auftragsforschung – nur eben nicht mit K-Förderung.
Finanzierungslücken
Für FTW-Chef Kommenda ist das weniger ein Spagat, als „ein Balanceakt, in dem wir laufend unter Ausnützung dynamischer Effekte ein labiles Gleichgewicht suchen“ – Forschung im Mobility-Zeitalter eben. Akutes Problem einiger Zentren ist unterdessen die noch nicht geklärte Zwischenfi nanzierung bis zum K-Neu-Antrag: „Wir haben als erstes Zentrum mit Ende 2006 eine Lücke vor uns“, bringt VRVIS-Chef Stonawski seine aktuellen Sorgen auf den Punkt. Er zeigt sich gleichzeitig zuversichtlich, dass rechtzeitig „ein Netz geknüpft wird“. Ähnliches ist vom per Jahresende auslaufenden K-Net-Zentrum Renet und dem Software Competence Center Hagenberg (SCCH) zu vernehmen: Mündliche Zusagen sind erteilt, die schriftliche Fixierung steht noch aus. Ganz ohne K-Förderung brachte indes CTR die Monate Juli bis Dezember 2005 hinter sich: „Wir rechneten bei der Halbzeitevaluierung mit einer Überbrückungsfi nanzierung, haben jedoch für den Worst Case vorgesorgt“, erklärt CTR-Sprecherin Alexandra Bretschneider. Seit dem 1. Jänner 2006 können die Kärntner aufatmen, da inzwischen die bis Mitte 2007 bewilligte Zwischenfi nanzierung greift. Danach könnte, so glaubt Bretschneider, ein Antrag auf ein K1-Zentrum folgen: „Das passt wahrscheinlich am besten zu uns.“
Ausgewählter Artikel aus Printausgabe 04/2006