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28. März 2024

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Höchste Gewinne für US-Banken seit Finanzkrise

Höchste Gewinne für US-Banken seit Finanzkrise© Bilderbox.com

US-Großbanken verdienen im ersten Halbjahr sehr gut. JPMorgan Chase mit über 16 Mrd. Euro Konzerngewinn an Spitze. Europas Großbanken verzeichnen in Summe Rückgang. In beiden Fällen ist das Verbrauchergeschäft entscheidend, so eine Analyse von EY.

(red/czaak) Die Großbanken der USA haben dank eines starken Verbrauchergeschäfts erneut sehr gut verdient. Die nach Bilanzsumme zehn größten US-Kreditinstitute konnten ihren Gesamtgewinn um knapp 0,6 Prozent auf umgerechnet fast 70 Milliarden Euro erhöhen. Europas zehn Top-Banken verzeichneten hingegen insgesamt einen Gewinnrückgang. Ihr kumuliertes Konzernergebnis sank um knapp sechs Prozent auf gut 26 Milliarden Euro.

US-Banken doppelt so viel wert wie Europas Banken
Während in den USA immerhin sieben Institute ein Konzernergebnis von mehr als vier Milliarden Euro vorweisen konnten, gelang dies in Europa nur zwei Instituten, der britischen HSBC und der französischen BNP Paribas. Das bestverdienende Institut unter den zwanzig analysierten Banken war die US-Großbank JPMorgan Chase, deren Konzernergebnis bei 16,6 Milliarden Euro lag.

Auch beim Börsenwert entwickeln sich die Banken auseinander: Der Börsenwert der Top-10-Banken Europas ging zwischen Jahresbeginn und Anfang September 2019 um sieben Prozent auf 436 Milliarden Euro zurück. Die Marktkapitalisierung der größten US-Banken stieg hingegen um zwölf Prozent auf umgerechnet rund 1,2 Billionen Euro. Sie waren damit zum Stichtag 1. September mehr als doppelt so viel wert wie Europas Top-Banken.

Höhere Zinsen und ausgeprägte Konsumbereitschaft
Das sind Ergebnisse einer EY-Analyse der Bilanzen der jeweils nach Bilanzsumme zehn größten Banken in den Vereinigten Staaten und Europa. „Die großen US-Banken lassen ihre europäischen Wettbewerber bei Gewinn und Profitabilität weit hinter sich. Die europäischen Banken leiden massiv unter dem historisch niedrigen Zinsniveau in Europa und den Strafzinsen für Einlagen, was die Zinserträge weiter schrumpfen lässt“, erläutert Armin Schmitt, Leiter des Bereichs Financial Services Advisory und Partner bei EY Österreich.

„Auf dem US-Markt ermöglichen höhere Zinsen und die ausgeprägte Konsumbereitschaft der dortigen Verbraucher deutlich höhere Zinserträge, etwa aus dem Kreditkartengeschäft. Unterm Strich können sie trotz Schwächen im Wertpapierhandel nach wie vor Rekordgewinne erwirtschaften“, unterstreicht EY-Experte Schmitt.

Trübe Aussichten
Feierlaune komme bei den US-Banken dennoch nicht auf, das zweite Halbjahr verspricht vergleichsweise deutlich herausfordernder zu werden. „In den USA zeigt die Zinskurve nach unten, was auch die Erträge aus dem derzeit noch boomenden Retailbanking bremsen wird. Konnte bisher das starke Verbrauchergeschäft Schwächen im Investmentbanking kompensieren, wird das künftig weniger möglich sein. Hinzu kommen Sorgen vor einer Eintrübung der Aussichten für die US-Konjunktur“, ergänzt Armin Schmitt.

Die erwartete weitere Lockerung der Geldpolitik in Europa dürfte allerdings auch den europäischen Banken das Leben schwerer machen. „Auf beiden Seiten des Atlantiks werden die Gewinne im Retailbanking unter Druck geraten, was den Handlungsbedarf gerade bei den weniger profitablen europäischen Banken weiter erhöht.“ Schmitt rechnet mit Konsequenzen für die Beschäftigung und die Zahl der Filialen.

Nötige Kostensenkung versus nötige Investitionen
„Die Kosten sind bei vielen europäischen Banken derzeit zu hoch. Kostensenkungen zeigen bislang zu wenig Wirkung oder werden durch hohe Investitionen im Bereich Digitalisierung und Compliance wieder konterkariert.“ Unterm Strich gehen die US-Banken aus einer deutlich stärkeren Position heraus in den erwarteten Abschwung.

„Die US-Banken sind in der glücklichen Position, weniger unter Altlasten aus der Finanzkrise zu leiden als ihre europäischen Wettbewerber. Zudem ist der europäische Markt stärker fragmentiert und der Wettbewerbsdruck traditionell höher als in den USA“, resümiert der EY-Experte.

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red/czaak, Economy Ausgabe Webartikel, 01.10.2019