Nichts als Musik im Kopf
Der musikalische Nachwuchs ist da. Rund 60 Kompositionsstudenten sind an der Wiener Universität für Musik und darstellende Kunst inskribiert. Überleben kann man nur mithilfe von einem anderen Job und viel Idealismus. MDW-Absolventin Olga Neuwirth bekam jetzt den Staatspreis.
Mozart, Beethoven, Haydn – diese Namen kommen sehr oft vor, wenn man Menschen fragt, welche Komponisten ihnen spontan einfallen. Friedrich Cerha, Gerald Resch, Heinz Karl Gruber, Thomas Larcher und Wolfgang Sauseng werden weit weniger genannt. Letzteren gemeinsam ist: Sie sind lebende Komponisten aus Österreich. Und es gibt Komponisten-Nachwuchs.
An der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien (MDW) sind rund 60 junge Leute am Institut für Komposition und Elektroakustik (IKE) inskribiert: Neben dem Studium „Komposition und Musiktheorie“ (Schwerpunkte: Instrumental-, elektroakustische und Medien-Komposition) können auch ein Tonmeister-Studium sowie ein Lehrgang für Computermusik und elektronische Medien belegt werden. Um mehr Forschung, Vernetzung und experimentelle Arbeit zu ermöglichen, wurde 2008 ein Zentrum für innovative Musiktechnologie (ZiMT) eingerichtet.
Triste finanzielle Aussichten
„Die Berufsausbildung steht bei uns nicht im Vordergrund, wir raten den Studierenden auch zu einem zweiten Standbein“, macht Institutsleiter Martin Lichtfuss deutlich, dass ein Leben als Komponist allein heute finanziell nahezu unmöglich ist. Viele absolvieren daher daneben eine Instrumental- oder Dirigenten-Ausbildung. Später arbeiten sie etwa als Musiklehrer, Instrumentalisten, Ensembleleiter, Kulturmanager oder Dirigenten. Die Tätigkeit als Komponist wird zusätzlich ausgeübt. „Ich kenne in Österreich nur drei Komponisten, die 3000 Euro im Monat verdienen“, kommentiert Lichtfuss die aktuelle Lage.
Ein weiteres Problem ist, dass „in den letzten zehn Jahren das allgemeine musikalische Grundbildungsniveau in Österreich rapide gesunken ist. Klassische Musik hören und spielen wird so gut wie nicht mehr gefördert, und Musikschulplätze werden gestrichen“, kritisiert Bernhard Eder, Kompositionsstudent an der MDW. Er war schon in seiner Kindheit von Musik fasziniert. Mit 14 Jahren wusste er: Ich will Komposition studieren. Ein Traum, den er sich nach Absolvierung des Wiener Musikgymnasiums erfüllte. Im vergangenen Jahr hat er sich aus verständlichen Gründen zusätzlich zur Dirigenten-Ausbildung angemeldet. „Es gibt noch genug Musik, die so noch nie gehört wurde, und es braucht ambitionierte Künstler, um diese zu schreiben und auch aufzuführen“, ist der Gewinner des Salieri-Kompositionswettbewerbs 2006 überzeugt.
Eder weiß aber aus eigener Erfahrung: „Das hohe internationale Niveau vieler ausländischer Studenten hat die Anforderungen, um überhaupt zum Studium zugelassen zu werden, auf ein enorm hohes Level gehoben.“
Anziehungspunkt Wien
Wien ist als Ausbildungsstätte international heiß begehrt. Der junge Deutsche Rostislav Gilman kam ursprünglich für sein Violinstudium nach Wien. Nach einer irreparablen Handverletzung entschloss sich Gilman (Vater: Dozent für Musiktheorie, Mutter: Musiklehrerin) zum Kompositionsstudium. Er will in Zukunft neben klassischer Konzertmusik auch Musik für Film und Fernsehen schreiben „Als Komponist Neuer Musik stößt man in Österreich oft auf taube Ohren“, bedauert Gilman. Andererseits ist Österreich kein schlechtes Pflaster für angehende Komponisten: Es gibt Festivals für zeitgenössische Musik wie etwa „Wien Modern“ und auch Möglichkeiten für Uraufführungen. Gilmans Werke wurden bereits mehrfach aufgeführt, etwa vom Jeunesse-Chor Wien oder dem Ensemble Lux (Uraufführung im Wiener Konzerthaus). „Die MDW ist eine hervorragende Institution“, streut Gilham seiner Uni Rosen.
Ebenso begeistert ist seine Studienkollegin Susanna Oldham aus Großbritannien: „Ich habe mich für Wien nach einem Erasmus-Austausch entschieden. Das Studium hier ist deutlich klarer, und Wien ist super, weil hier so viele unterschiedliche Musikrichtungen zu finden sind.“ Außerdem findet Oldham, dass es in Wien viel mehr Gelegenheiten für Konzerte und Aufführungen gibt als in ihrem Land.
Prominente Kompositionsabsolventen sind Olga Neuwirth (geboren 1968), Beat Furrer (geboren 1954), oder Karlheinz Essl (geboren 1960), Sohn des gleichnamigen Kunstsammlers. Olga Neuwirth, die aus einer Musikerfamilie stammt, bekam im April als erste Frau in der Musiksparte den Österreichischen Staatspreis.