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25. April 2024

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Die Gegen-Wirtschafts-Politik

Die Gegen-Wirtschafts-PolitikAttac

Mit Schlauchbooten gegen betonköpfige Politik. Ob in Wirtschaft oder Gesellschaft. Allzu schnell werden aktive, engagierte und couragierte Menschen noch immer als „Gegner“ diffamiert. Doch von ihrem Einsatz profitieren letztendlich alle.

Oida, waren die mal cool. Globalisierungsgegner: Sie waren DER Medienhype zu Anfang des Jahrtausends. Kein Schulhof-Antifa kam umhin, über sie zu reden. Keine Buchhandlung konnte darauf verzichten, einen Büchertisch mit „No Logo“ und „Schwarzbuch Markenfirmen“, den Standardwerken der Bewegung, aufzustellen. „Bravo“ und „Kronenzeitung“ waren wahrscheinlich die einzigen Medien, die es schafften, niemals einen einzigen Artikel über die populärste Gruppe der Bewegung abzudrucken: Attac. Globalisierungskritik wurde zur Popkultur stilisiert.

Widerstand als Popkultur
Dem Kult, den man in Teilen der Öffentlichkeit mittlerweile um die Bewegung betrieb, tat das keinen Abbruch. Eher im Gegenteil: Die Heldengalerie der Bewegung hatte ihren eigenen Benno Ohnesorg und Rudi Dutschke und wurde fortan eifrig mit der legendären 1968er-Bewegung verglichen. Und die Bilder der Polizeigewalt verliehen den Globalisierungskritikern eine quasi-revolutionäre Aura. Ist es wirklich eine Liebe, die schnell verglüht? Erst war Attac die Hoffnung, dann der Lieblingsfeind vieler Linker. Attac ist in eine neue Phase gekommen. Die Hektik der Anfangsjahre ist einer kontinuierlichen thematischen Arbeit gewichen. Das soll aber nicht heißen, dass nichts Spektakuläres mehr passiert.
„Attac ist eine internationale Bewegung, die sich für eine demokratische und sozial gerechte Gestaltung der globalen Wirtschaft einsetzt“, erklärt David Walch, der Pressesprecher der Sektion Österreich. Attac Österreich, das am 6. November 2000 gegründet wurde und somit heuer 10 Jahre Jubiläum feiern kann, ist ein eingetragener Verein mit 4400 engagierten und couragierten Mitgliedern, die bereit sind, für eine bessere Welt nicht nur einen Obulus zu leisten, ob als Standard-, Förder-, Top-Förder- oder Sozial-Mitgliedschaft um 36, 70, 177 oder 14 Euro.

Von der Realität bestätigt
Dass das „Unternehmen“ die administrativen Kosten so niedrig wie möglich zu halten gezwungen ist, liegt auf der Hand. Neun Personen engagieren sich ehrenamtlich im jährlich neu gewählten Vorstand, mindestens fünf davon müssen Frauen sein. Lediglich vier „Attac-isten“ sind hauptamtlich tätig, der seit 1. September 2010 tätige Geschäftsführer in Vollzeit, zwei mit 30 Stunden und eine 25-Stunden-Kraft. Das ist zwar ein Lean Management, aber entscheidend ist der Output. „Wir haben schon einiges erreicht“, bekennt Walch. Durch die Finanzkrise sei die Autorität und Legitimation nochmals gewachsen und man erkenne sehr gut, dass die jahrelangen Forderungen von Attac nun auch von der offiziellen Politik übernommen werden.

Engagement mit Gütesiegel

50 Mitarbeiter von Greenpeace Österreich koordinieren die Aktivitäten im gesamten CEE-Raum. Das Mitarbeiterpotenzial umfasst darüber hinaus mehrere hundert Freiwillige, die sich temporär in Fußgängerzonen oder anderen Spots ehrenamtlich für die Organisation engagieren. „Greenpeace ist weltweit die einzige Organisation, die weder von der Wirtschaft noch vom Staat noch von einem Verein gesponsert wird. Wir prüfen selbst bei Privatspenden, ob nicht eine Firma dahintersteckt. Wir sind völlig unabhängig und Träger des Spendengütesiegels“, erklärt Pressesprecherin Melanie Beran nicht ohne Stolz. Das Spendenaufkommen von 141.000 Menschen in Österreich betrug im vergangenen Jahr rund 8,6 Mio. Euro. Damit finanziert die Organisation nicht nur Kampagnen zu den Themen Meer, Klima, Wälder, Energie, Gentechnik oder aktuell Atomrenaissance in Italien (www.stopberlusconi.at) – kurz vor dem Interview besetzte Greenpeace die italienische Botschaft in Wien –, sondern übernimmt auch einen Teil der Kosten für internationale Aktionen, um beispielsweise auch in den ärmsten Ländern der Erde Umwelt­aktionen durchführen zu können. Mit dem Schlagwort „Gegner“ hat Beran keine Berührungsängste: „Es gibt ganz einfach Dinge, gegen die man sein muss.“

Links

Economy Ausgabe 87-10-2010, 01.10.2010