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28. März 2024

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Einfach draufdreschen... oder nur hintreten

Einfach draufdreschen... oder nur hintreten

Die Gewalt gegen Computer, Monitor, Tastatur und Maus nimmt zu.

„Evolutionsbremse! Scheißkiste!
Microsoft!“ Der Arbeitskollege
tobt. Nur noch eine halbe
Stunde bis zum Präsentationstermin,
und just jetzt lässt ihn
sein Kollege Rechner beim Drucken
im Stich. Nichts geht mehr.
Außer ausschalten. Oder brüllen.
Das Ganze erinnert an ein
im Internet kursierendes Kurzfilmchen über einen Mann, der
es ebenfalls nicht schafft, seine
Dokumente auszudrucken.
Nach mehreren Versuchen (inklusive
Tritt gegen das Kopiergerät)
reißt er kurzerhand den
Monitor vom Tisch, um den
Bildschirm – mittlerweile dunkel
– einige Meter von seinem
Arbeitsplatz entfernt gleich direkt
zu kopieren.
Schreiende Kollegen sind bei
„Rechnerproblemen“ kein Einzelfall.
Rund zwei Drittel der
Probanden einer Online-Studie
haben ihren PC schon einmal
beschimpft. Erst dann fliegt die
Maus oder wird der Monitor
vom Tisch gestoßen. Danach
folgen Tritte oder Schläge gegen
das Gehäuse. Gut ein Drittel
zählt zu den Tretern. Tendenz
steigend. Die Gründe hierfür
finden sich seltener in der ungenügenden
Bedienungsfähigkeit,
vielmehr zählen – Softwareproduzenten
aufgepasst – suboptimale
Anwenderfreundlichkeit
oder schlichtweg schlechte
Software als Motivation zum ungebührlichen
Verhalten.
Technikstress und PC-Frust
Komischerweise wächst das
Aggressionspotenzial mit steigender
(PC-)Erfahrung. Das
hängt direkt mit der innigen sozialen
Beziehung zusammen.
Computer werden anthropomorphisiert.
Deshalb reden wir mit
ihnen, zumal wir bei ihnen menschenähnliches,
intelligentes
Verhalten vermuten. Insofern
wird das unendliche Kapitel
Aggression und Technik erst geschrieben.
Das Betätigungsfeld
scheint unendlich: Fahrkartenautomaten,
Scannerkassen, Autos.
Abgesehen von den betriebswirtschaftlichen
Schäden, die
die PC-Aggression auslöst – einen
Monitor kann man ja nachkaufen,
wenn er plötzlich völlig
unvermutet vom Tisch runterfällt
–, summieren sich die Ausfallszeiten
internationalen Studien
zufolge auf eineinhalb
Wochenstunden pro Bildschirmarbeitsplatz.
Computerfrustration
beeinflusst die Arbeitsmotivation
und letztlich auch die
Lebenszufriedenheit der Mitarbeiter.
Im schlimmsten Fall löst
sie Depressionen aus. Angeblich
wird in den Niederlanden
„Technologieärger“ bereits als
eigenständige Berufskrankheit
anerkannt. Schei … benkleister.
Ja, leck mich doch am Ärmel.
Der Redakteur muss nun warten.
Jetzt ist mir doch glatt der
Laptop abgestü

Economy Ausgabe 999999, 18.01.2013